In der Warthestraße 72 versteckt sich hinter einer orange-braun gekachelten Fassade fast unscheinbar die Jordanischen Gemeinde Berlins. Es gibt sie schon viele Jahre, aber vor über drei Jahren nun kam die Frauenabteilung der Gemeinde hinzu. Benannt ist sie nach einer arabischen Bergblume – Al Sawsanah. Im April werden die Frauen den 4. Jahrestag des Vereins feiern. Anlässlich dessen treffe ich Sohel Matar, die stellvertretende Vorsitzende der Frauenabteilung, um mit ihr über den Verein zu plaudern.
Hallo Sohel, wie kam es dazu, dass ihr die Frauenabteilung der Jordanischen Gemeinde Berlins gegründet habt?
Wir haben uns gegründet, um andere jordanischen Frauen in Deutschland und in Berlin zu vernetzen und besser kennenzulernen. Es ist schön zu wissen, welche Leute im Land sind. Ich habe sogar meine Tante über Al Sawsanat wieder getroffen, die ich seit 15 Jahren nicht gesehen habe! Wir hatten uns aus den Augen verloren. Aber als ich dem Verein beigetreten bin, habe ich sie wiedergesehen – und jetzt sind wir gut befreundet.
Außerdem geben wir uns gegenseitig Hilfe. Zum Beispiel arbeiten zwei Freundinnen im Jugendamt und in der jordanischen Botschaft. Wenn eine von uns Unterlagen braucht oder Hilfe mit staatlichen Angelegenheiten, unterstützen sie uns.
Euer Sitz ist ja in der Neuköllner Warthestraße. Wie kam es dazu und wie seid ihr mit dem Kiez verwoben?
Es hat sich so ergeben, dass der Verein dort ist. Wir fühlen uns sehr wohl in Neukölln. Einzelne Mitglieder der Gemeinde sind auch im Neuköllner Kiez aktiv. Zum Beispiel engagiert sich Sawsan Miner, die Vorsitzende von Al Sawsanat, in einem Verein, der Bastelprojekte für Kinder und Projekte für Geflüchtete organisiert. Ich selber arbeite auch ehrenamtlich im Verein „Haus der Weisheit“ – dieser ist aber in Moabit – und unterrichte am Wochenende Arabisch und Religion für Kinder.
Wie oft treffen sich die Frauen der Gemeinde?
Wir treffen uns einmal im Monat – jeden letzten Sonntag, um uns auszutauschen. Wir sitzen zusammen und sprechen darüber, was unsere Anliegen sind. Die monatlichen Treffen finden manchmal im Gemeindehaus in der Warthestraße statt, manchmal aber auch bei einer unserer Gemeindemitglieder zu Hause. Wir sitzen zusammen, trinken Tee und plaudern. Wir schauen, ob eine von uns vielleicht ein Problem hat, das wir gemeinsam lösen können. Außerdem planen wir gemeinsame Unternehmungen und Ausflüge.
Die Räume der Jordanischen Gemeinde in der Warthestraße sind ja fast jeden Tag geöffnet. Aber dort dürfen dann nur Männer hinkommen?
Ja, das Café der jordanischen Gemeinde hat jeden Tag ab Nachmittag geöffnet. Da gehen dann nur die Männer hin – aber das hat nichts damit zu tun, dass wir Frauen nicht dorthin dürfen. Wir haben einfach keine Zeit jeden Tag dahin zu gehen – wir arbeiten und kümmern uns um die Kinder.
Wie feiert ihr bei Al Sawsanat euren nächsten Geburtstag?
Der Geburtstag der Frauenabteilung wird jedes Jahr gefeiert. Dazu werden Bekannte, Freunde und Nachbarn eingeladen. Das ist richtig groß, letztes Jahr haben wir auch einen Sänger dazu geholt. Wir ziehen uns traditionelle jordanische Kleider an, die sind meistens in Rot, handgemacht und bestickt. Wir spielen jordanische Musik und singen Lieder. Dazu bringt jede von uns selbstgemachtes jordanisches Essen mit. Ich habe einen Jogurt-Eintopf mit Fleisch gekocht. Es gab außerdem noch Gerichte wie Man’saf, das ist Lamm in Jogurthsoße auf Reis. Oder Maftul – Couscous mit Hühnchen, und Maqlube, ein arabisches Schichtgericht aus Auberginen, Reis, Huhn und vielen Gewürzen.
Das war bestimmt ein guter Anlass andere Leute aus der Nachbarschaft kennenzulernen und auch andere Jordanier*innen, die noch nicht in der Gemeinde sind, oder?
Ja, das stimmt. Darüber hinaus sind wir auch im Kontakt mit anderen jordanischen Frauen-Gemeinden außerhalb der Stadtgrenzen. Denn Al Sawsanat gibt es nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Bundesländern. Zum Beispiel waren wir Berliner Jordanierinnen einmal für drei Tage in Bonn bei Al Sawsanat. Dort wurden wir in den traditionellen jordanischen Kleidern empfangen und wir haben gemeinsam Kultur angeschaut, geredet und gegessen. Unsere Vorsitzende Sawsan Miner war auch schon in den Jordanischen Frauengemeinden in der Türkei und in Schweden.
Was habt ihr so in nächster Zeit geplant?
Dieses Jahr kommen Jordanierinnen aus Schweden und der Türkei nach Berlin und werden unsere Gäste sein. Außerdem planen wir eine baldige gemeinsame Reise nach Jordanien ans Rote Meer und suchen gerade die passenden Flüge. Es ist also immer viel los.
Vielen Dank für das Interview!