Story 6 – Franziska Smolen

Ein Stolperstein in der Warthestraße.

Franziska Smolen, geborene Kohn, wurde am 15. August 1884 in Wien geboren. Bis zu ihrer Deportation, am 14. Dezember 1942, lebte sie in Berlin‑Neukölln, Warthestraße 69, im 3. Stock/Seitenflügel. Mit dem 25. Ost‑Transport wurde sie mit weiteren 812 jüdischen Mitbürgerinnen und –bürgern nach Auschwitz deportiert. Auf der Deportationsliste hat sie die Nummer 343. Als Vornamen stehen dort Franziska Sara.

In der Liste wurde in der Rubrik „Beruf“ eingetragen: Ohne. Sie wird als „arbeitsfähig“ registriert. Ihr Familienstand wird mit „Ledig“ angegeben, obschon ihr Mädchenname Kohn ist. Aus den Angaben im Archiv läßt sich nicht sagen, ob sie verwitwet oder geschieden war. Über mögliche Kinder, über Geschwister und Eltern lassen sich ebenfalls keine Aussagen machen.

Auf einer Karteikarte ist noch registriert, daß man vor ihrer Deportation nach Auschwitz noch ihr Vermögen eingezogen hat. Unter „Vermögen“ ist im Falle von Franziska Smolen zu verstehen, daß der Hausrat beschlagnahmt wurde. Die Nazis hatten keine „rassischen“ Bedenken, jüdisches Eigentum zu rauben.

 „Welche persönlichen Gründe gibt es für mich, an Frau Smolen zu erinnern? ‑ Ich lebe inzwischen seit 36 Jahren in diesem alten Haus in der Warthestraße 69. Als ich mit 22 Jahren dort einzog, lebten noch in einigen Wohnungen langjährige Mieter. Manche lebten schon 40 Jahre und länger in der Warthestraße 69. Manchmal erzählten diese Mieter ein klein wenig von früher. So erfuhr ich, daß es jüdische Mieter gegeben habe. Man hat sie aus den Wohnungen geholt und auf Lastwagen abtransportiert. Dann folgte noch der Stoßseufzer: „Schrecklich!“ Mehr erfuhr ich nicht.

Als ich 2008 in der Zeitung einen Bericht über Gunter Demnig und sein Stolperstein‑Projekt las, habe ich mich erkundigt, wie ich in Erfahrung bringen, wer in diesem Haus damals dem Naziterror zum Opfer gefallen ist. So bin ich am 1. Juli 2009 im Landeshauptarchiv in Potsdam gewesen und habe mir dort u.a. am Computer die Transportliste des 25. Osttransportes angeschaut. So erfuhr ich das Wenige über Frau Franziska Smolen.

Ich kann nicht um Millionen Menschen trauern. Das übersteigt mein Vorstellungsvermögen. Ich trauere um Franziska Smolen. Sie wurde nur 58 Jahre Jahre alt, genauso alt wie ich heute bin. Der kleine Gedenkstein vor meiner Haustür soll an sie erinnern.“

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